Wie Zander Freiburg mit einem automatischen Verschieberegal Platz und Perspektiven schafft.
Die Freiburger Niederlassung des Elektrogroßhändlers J.W. Zander GmbH & Co. KG steht auf einem Gelände, das gewachsen ist wie ein guter Wald: Stück für Stück, Halle für Halle. Doch irgendwann war klar, mehr Platz war auf herkömmliche Weise nicht mehr rauszuholen. Was tun, wenn der Warendurchsatz wächst, die Artikelanzahl steigt und es gleichzeitig wenig freie Fläche gibt? Die Antwort: Denken in Bewegung. Genauer, in ein automatisiertes Verschieberegal, gesteuert durch das Lagerverwaltungssystem (LVS) der Firma S&P | Element Logic. Doch die Story beginnt nicht erst mit diesem Projekt, sondern vor über zehn Jahren – mit einer Entscheidung, die beide zu langjährigen Partnern machte.
Vom ERP zum LVS
Damals steuerte Zander Freiburg die Logistikprozesse noch mit dem ERP-System, das zunehmend an Flexibilität und Effizienz einbüßte. Es konnte die Anforderungen einer wachsenden Logistiklandschaft an den Standorten in Bochum und Freiburg kaum mehr erfüllen. Die Verantwortlichen begaben sich deshalb zusammen mit dem Fraunhofer-Institut auf die Suche nach einem LVS. Die Wahl fiel auf den Softwarehersteller S&P | Element Logic aus Leinfelden-Echterdingen. Ausschlaggebend waren die starken Standardfunktionalitäten, die geringe Schnittstellenkomplexität, die hohe Transparenz und die fachliche Expertise. 2014 war Go-live in Bochum, 2015 folgte Freiburg. Die Prozesse sind digitalisiert, durchgängig beleglos sowie mit MDE-Geräten und durchdachten Kommissionierstrategien optimiert.
Raumwunder mit System
Doch Wachstum, Lieferfähigkeit und Bevorratungsstrategien forderten 2023 ihren Tribut. Platz wurde zur knappen Ressource. Also entschied sich Zander Freiburg für eine automatische Verschiebregalanlage der Firma Berger. Eine hochverdichtete Lagerlösung, bei der auf 1.200 Quadratmetern 2.600 Europaletten ihren Platz finden.
»Für uns war das Verschieberegal die einzig sinnvolle Lösung, den Palettennachschub effizient und platzsparend unterzubringen«, sagt Kerstin Falter, Logistikleiterin in Freiburg. Die Regale stehen auf Führungsschienen und fahren bei Bedarf auseinander, um Zugriff auf eine Gasse zu gewähren. Die Technik ist beeindruckend, aber auch sensibel. »Wir bewegen bis zu 100 Tonnen pro Gasse. Das Ganze lässt sich nicht mal eben schnell verschieben, eine Gassenöffnung dauert rund eine Minute – somit ideal für den Nachschub«, betont Falter.
Dicht lagern, klug denken
Die eigentliche Intelligenz steckt im Hintergrund: im LVS SuPCIS-L8. Es steuert nicht nur die Gassenöffnung, sondern prüft auch die Belastungsgrenzen. Das LVS berechnet genau, welche Palette wohin darf – abhängig von Gewicht, Höhe (es gibt drei Höhenklassen), Auslastung und Zugriffslogik. Jeder Lagerplatz kennt seine maximale Traglast, jede Palette ihr Gewicht.
»Eine 900-Kilo-Palette bekommt das Verschieberegal gar nicht erst vorgeschlagen, die Grenze liegt bei 750 Kilogramm pro Platz«, berichtet Falter. Die Lastverteilung im Regal ist entscheidend, denn Kippen ist keine Option.»Eine zu einseitige Regalbeladung kann die Anlage lahmlegen. Der Motor sitzt auf einer Seite, demzufolge muss die Gewichtsverteilung stimmen. Nur so bewegen sich die integrierten Rollen sauber und sicher«, bekräftigt Falter.
Auch die Gassenöffnung erfolgt nicht willkürlich, sondern nach Priorisierungsstrategien. Gibt es in der bereits geöffneten Gasse einen passenden Platz? Lässt sich ein Doppelspiel aus Ein- und Auslagerung kombinieren? Kann ein anderes Einlagerungsvorhaben damit verknüpft werden wie beispielsweise die Einlagerung mehrerer Paletten in der gleichen Gasse? Erst wenn alle Abfragen negativ ausfallen, wird eine neue Gasse geöffnet – das spart Zeit und erhöht die Effizienz.


Automatisierung trifft auf Alltagstauglichkeit
Noch ist der Betrieb beim Verschieberegal manuell. Mitarbeiter mit Stapler bringen die Paletten aus dem Wareneingang in die Vorzone. Das Regal öffnet sich nach hinterlegter Logik und die Palette wird eingelagert. Wird ein Nachschub angefordert, verläuft der Prozess ebenfalls zweistufig. Die Palette wird auf die Vorzone gebracht und anschließend in die Palettenreserve oder auf den Kommissionierplatz gefahren.
Doch die Zukunft ist bereits mitgedacht: »Wir haben den Prozess so ausgelegt, dass autonom fahrende Stapler integriert werden können. Aktuell fehlen noch die passenden Rahmenbedingungen wie Platz und Sicherheitszonen. Doch die Weichen sind gestellt«, unterstreicht Falter.
Transparenz bis ins letzte Kabel
Die Verschieberegalanlage ist kein isoliertes Projekt, sondern eingebettet in ein durchdachtes und logistisches Gesamtsystem. Besonders spannend: Die Kabeltrommel-Verwaltung samt CPR-Nummer für den Herkunftsnachweis. Mitarbeiter schneiden die gewünschte Länge ab und das LVS berechnet in Echtzeit die verbleibende Restmenge. Damit das effizient geschieht, optimiert das LVS die Laufwege. Denn unstrukturierte Wegeführungen würden zu Verzögerungen führen. Es gibt zwei Bereiche: Einen Gang mit kleineren Trommeln und einen mit großen Trommeln inklusive Schneidgerät.
»Wir wissen zu jedem Zeitpunkt, wo welche Kabeltrommel liegt, wie viel noch drauf ist und wann ein Nachschub erforderlich ist«, verdeutlicht Falter. »Jede Trommel hat eine eindeutige Zertifikatsnummer, die im LVS durchgängig mitgeführt wird – von der Einlagerung bis zur Auslieferung. Im Falle eines Schadens kann Zander Freiburg exakt nachvollziehen, welche Charge betroffen ist«, erklärt Domenico Petta, Projektleiter bei S&P | Element Logic. Falter ergänzt: »Ohne diese Nummer ist eine Einlagerung auch nicht möglich. Wird ein Kabel an einen Kunden verkauft, gehen automatisch die zertifizierten Ursprungsdaten mit.«
Kein Silo, sondern System
Wareneingang, Kommissionierung, Versand und Retouren, die in den Lagerbestand zurückgehen – all das läuft übers LVS. Dazu kommen smarte Anbindungen wie ein Track & Trace-System, ein Versandsystem für KEP-Dienstleister und digitale Paketboxen. Dort können Kunden ihre Waren auch außerhalb der Theken-Öffnungszeiten abholen. Selbst Besonderheiten wie eine spezielle Lieferavis-Verarbeitung bei Großbestellungen wird im LVS abgebildet. Der Clou: Nur die tatsächlich gelieferten Positionen von beispielsweise 100 werden ins LVS übertragen. So sparen sich die Mitarbeiter die Suche nach den richtigen Positionen.
»Aber nicht nur das, auch die Schnittstelle wird entlastet. Denn es muss kein Datensatz wie etwa mit 90 »Nullmeldungen« für nicht gelieferte Artikel zurück ans ERP gemeldet werden«, betont Petta.
Kurze Lieferzeiten
Jede Bestellung, die bis 21 Uhr eingeht, wird noch bearbeitet. Alles, was später eintrifft, wandert automatisch in den nächsten Tageslauf. Was nach einem einfachen Serviceversprechen klingt, basiert auf konfigurierten Zeitfenstern im LVS. So ist etwa für die Tour innerhalb Freiburgs eine doppelte Auslieferung vorgesehen: einmal früh morgens, einmal mittags. Das System priorisiert in der Kommissionierung automatisch die Aufträge, die diesen Zeitfenstern zugeordnet sind. »Für entferntere Ziele gelten angepasste Parameter«, fügt Falter hinzu. Diese feinjustierte Steuerung bringt neben Geschwindigkeit auch Planungssicherheit für Mitarbeiter und Kunden.
Performance im Praxistest
Die Resultate sprechen für sich. Die hinterlegten Strategien und die automatische Steuerung des Verschieberegals verschlanken den Prozess merklich. Zander Freiburg konnte durch optimierte Laufwege, Pick- und Packverfahren sowie Multi-Order-Picking seine Kommissionierzeiten nach unten korrigieren. Durch den Cross-Docking-Prozess entfallen unnötige Ein- und Auslagerungen für Ware, die das Lager gleich wieder verlässt. Lagerprozesse werden mithilfe von Dashboards visualisiert und die Inventur erfolgt permanent, ohne den Lagerbetrieb zu stören. Damit entfällt die aufwendige Stichtagszählung bei über 34.000 Lagerartikeln.
»Wir können jederzeit nachvollziehen, wann was gemacht wurde. Das hilft uns nicht nur bei Reklamationen, sondern macht uns insgesamt schneller, präziser und resilienter. Was früher manuell kaum zu überblicken war, erfolgt heute transparent und papierlos«, so Falter.
Zander Freiburg kann zudem individuelle Etikettierungen, Kanban-Belieferungen und die Lagerung von Maßteilen einschließlich eines speziellen Kontrollprozesses für Industriekunden abbilden.
10 Jahre Vertrauen
Natürlich knirscht es manchmal oder läuft nicht ganz nach Plan – so ehrlich ist Falter. Besonders nach der Übernahme von S&P durch Element Logic hat sich die Struktur der Zusammenarbeit verändert. Die neue Projektorganisation ist professionell, aber komplexer und weniger flexibel. Das erfordert von beiden Seiten neue Wege, um pragmatische Lösungen zu erhalten.
»Was jedoch zählt, Probleme werden ernst genommen und Lösungen gemeinsam gefunden. Störungen im Leitstand oder kleinere Fehler werden zeitnah behoben. Und die persönliche Ebene stimmt hier«, ergänzt Falter.
Was bringt die Zukunft? Mehr Automatisierung, mehr Digitalisierung und ein noch stärkerer Fokus auf die Customer Experience. Denn letztlich entscheidet auch in der Logistik die Kundenzufriedenheit. »Gleichzeitig denken wir an unsere Mitarbeiter. Wir müssen Prozesse so gestalten, dass Quereinsteiger fehlerfrei damit arbeiten können. Das betrifft auch die sprachliche und visuelle Unterstützung im LVS. In Zeiten von Fachkräftemangel wird Ergonomie im Prozess zur strategischen Komponente«, gibt Falter zu Protokoll. Zander Freiburg zeigt, wie man mit einem LVS nicht nur Prozesse abbildet, sondern sie intelligent weiterdenkt – bis in die letzte Verschieberegalreihe. Die Partnerschaft mit S&P | Element Logic beweist, wer kontinuierlich investiert, kann auch auf engstem Raum Großes bewegen.

Danke an Kerstin Falter, Logistikleiterin bei Zander Freiburg, für das Interview.