Features und Innovationen
Zusammenfassung
»Warehouse Healing« defragmentiert das Lager und verringert durch eine bessere Positionierung von Artikeln die Wegezeiten im Lager für Mensch und Maschine. Die Grundlage bildet die intelligente Analyse von relevanten Daten wie Lagerbestände, Topologie, Bewegungsdaten und Warenkörben – die Datengrundlage liefert das Warehouse Management System SuPCIS-L8 von S&P. Ziel ist es, Muster in der Bestellhistorie zu analysieren und Umlagerungsvorschläge zur Minimierung von Kommissionierwegen zu erzeugen. Besonderen Wert wird dabei auf einen möglichst kurzen Time-to-Value gelegt.
Mit Hilfe von Algorithmen werden Umlagerungs- und Tauschvorschläge mit dem größten Effekt ermittelt und bestimmt, die mit Blick auf die Umsetzung höchste Priorität zugewiesen bekommen. Auf der Grundlage von künstlicher Intelligenz und Simulationen veränderter Modellparameter wird das Ergebnis stetig an die veränderten Gegebenheiten angepasst, um die Summe der Auslagerkosten minimal zu gestalten. Bereits nach einigen hundert Umlagerungen wird der arbeitsintensive Prozess der Kommissionierung auf diese Weise optimiert. Ein Beispiel hierfür ist eine mehrgeschossige Fachbodenanlage, wo durch den Einsatz von „Warehouse Healing“ im Idealfall bis zu 40 % der Wegezeit reduziert werden kann. Die damit einhergehenden Leistungssteigerungen, die optimale Ausnutzung der Arbeitsabläufe sowie eine sinnvolle Ressourcenplanung in den Logistikzentren sorgen an dieser Stelle für eine effiziente und nachhaltige (Intra-)Logistik!
Einleitung
Studien zeigen, dass auf die Wegezeit während der Kommissionierung in typischen Distributionszentren ein erheblicher Großteil der gesamten Bearbeitungszeit eines Auftrags entfällt. Wenn manuell kommissioniert wird, kann dies über 50 % der Gesamtzeit betragen. Eine Effizienzsteigerung intralogistischer Abläufe ist folglich gerade im Bereich der arbeitsintensiven Kommissionierung im Sinne einer nachhaltigen Gestaltung künftiger Warenströme.
Durch sich rasch verändernde Produktportfolios und dem Wandel des Einkaufsverhaltens der Kunden kann die anfangs für eine effiziente Kommissionierung optimierte Lagerbelegung schnell ihre Wirkung verlieren. Einstige Schnelldreher werden binnen weniger Monate zu Ladenhütern und blockieren wertvollen Lagerplatz für Artikel, die neu im Trend sind. Statt das Lager in unregelmäßigen Abständen einer vollständigen, den operativen Betrieb unterbrechenden Reorganisation zu unterwerfen, kann durch wenige eingestreute Umlagerungen während des operativen Lagergeschäfts auf Veränderungen im Bestellverhalten reagiert und die Vorteile der chaotischen Lagerhaltungerhalten werden.
Warehouse Healing ist ein nebenläufiger Prozess, der durch gezielte Umlagerung ausgewählter Lagerbestände innerhalb eines Lagerbereichs oder lagerbereichsübergreifend den durchschnittlichen Auslagerweg reduziert. Im Gegensatz zu einer vollständigen Lager-Reorganisation sind nur wenige Umlagerungen je Woche nötig, da nur Umlagerungen mit den jeweils größten Wegkosten-Nutzen ausagiert werden müssen. Den Umlagerungsvorschlägen liegen dabei nicht nur Konzepte wie der Lagerung nach ABC-Klassifizierung oder einer einfachen Umschlagsorientierung zugrunde, sondern berücksichtigen Muster in dem Bestellverhalten der Kunden. Diese Muster werden durch eine Warenkorbanalyse zugänglich gemacht und zu einer griffgünstigen Nachbarschaft von Artikeln, die eine starke Warenkorb-Beziehung aufweisen, im Lager umgewandelt.
Motivation
Durch das Tagesgeschehen in einem Lager werden durch das Fehlen einer fortlaufenden Lagerplatzevaluierung (welche Artikel sollen wo gelagert werden) Verteilungen wie in dem folgenden Schaubild wahrscheinlich (Abbildung 1 links).
Die Lager-Heatmap zeigt beispielhaft ein Lager mit 3 Gassen, deren Regale mit drei Ebenen für die bessere Übersicht hingelegt wurden. Die Bestellhäufigkeit (Gängigkeit) je Lagerfach (Quadrate) ist über die Farbsättigung des Rottons dargestellt. Die räumliche Verteilung dieses Artikelattributs folgt bei einer chaotischen Einlagerstrategie keiner Gesetzmäßigkeit.
Artikel können untereinander in einer Beziehung stehen. Artikel, die häufig gemeinsam Teil einer Warenbestellung sind, werden als affin zueinander aufgefasst. Da die Artikelaffinität im Normalfall der chaotischen Lagerhaltung bei der Zuordnung eines Artikels zu einem Lagerplatz keine Berücksichtigung findet, folgt die räumliche Verteilung affiner Artikel untereinander dem Zufall (siehe beispielhafte Selektion affiner Artikel in Abbildung 1 links).
Unterschiedliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Lagerung affiner Artikel in benachbarten Lagerplätzen zu einem Vorteil bei der Kommissionierung dieser Artikel führt. Zudem wird durch die gesteigerte Griffgünstigkeit zusammengehöriger Warenkorbartikel die Ergonomie am Arbeitsplatz erhöht.
Die in Hinblick auf die Artikeleigenschaft Bestellhäufigkeit und Warenkorbbeziehung durch chaotische Einlagerung verursachte starke Fragmentierung eines Lagers führt zu deutlich längeren Auslagerwegen und einem enormen Aufwand beim Kommissionieren der Bestellaufträge.
Ziel des Warehouse Healings ist es, durch gezielte Umlagerungen einzelner Artikel sowohl eine günstige Lage der Artikel bezüglich des Übergabeortes (Kommissionierplatz, Put-Stelle, Packplatz etc. – in Abbildung 1 mit „E/A“ markiert) als auch eine dem Picken zuträgliche Nachbarschaft zu erreichen, um auf diese Weise den Kommissionieraufwand spürbar zu verringern.
Eine - stark idealisierte - Beispielbelegung als Ergebnis des Einsatzes dieses Umlagerungs-Moduls ist in Abbildung 1 rechts zu sehen.
Das Warehouse Management System SuPCIS-L8 liefert die nötigen Daten adhoc
Für die Evaluierung eines Umlagerungsvorschlags werden eine Reihe von Informationen benötigt:
Diese Informationen werden aus der produktiven Lagerverwaltungssoftware SuPCIS-L8-Datenbank abgefragt und wo möglich bereits auf Datenbankebene für die Warenkorbanalyse vorbereitet. Von entscheidendem Vorteil ist, dass SuPCIS-L8 von Natur aus eine detailreiche Historie aller Bestandsbewegungen anlegt – ein fruchtbarer Nährboden für unterschiedliche Anwendungen rund um Data Mining und Voraussetzung für jedes System, das umfangreiche Trainingsdaten benötigt.
So hält die Warehouse Management Software SuPCIS-L8 auch für das Warehouse Healing alle benötigten Informationen bereit, sodass keine weiteren Abhängigkeiten zu anderen Installationen bestehen. Der Kunde kann sich allein auf den operativen Betrieb des Lagers konzentrieren und das WMS sorgt für die nötige Datenlage.
Lagerdefragementierung powerd by Data Science
Die Formulierung eines geeigneten mathematischen Modells ermöglicht die Evaluierung von Umlagerungsoptionen. Eine Umlagerungsoption ergibt sich als artikelreiner Tausch zweier Einlagerungen im betrachteten Lagerbereich. Eine Einlagerung ist zusammen mit einem für den betrachtenden Lagerbereich ausgelegtes physisches Koordinatensystem als eine Position im Raum zu verstehen.
Durch das paarweise Tauschen zweier Einlagerungen gibt es zu jeder Bewegung eine Gegenbewegung. Würden diese Umlagerungsoptionen ziellos, d. h. unbewertet durchgeführt, würde dies an der Lagefragmentierung (siehe Abbildung 1 links) nichts ändern. Daher ist die Bewertung jeder Option notwendig. Hierfür wird ein sogenannter Score definiert, der eine lagerbereichsübergreifende Bewertung aller Einlagerungen ermöglicht. Die Nützlichkeit eines paarweisen Artikel-Tauschs kann in der Folge über die dadurch vermittelte Veränderung des Scores errechnet werden.
Die Kombination aus rückgreifender Analyse vergangener Bestellungen (Warenkorbanalyse) und der mathematischen Modellierung des Kommissioniervorgangs erlaubt, ein System zu implementieren, das aus Vergangenheitsdaten lernt und daraus Handlungsvorschläge in Form von günstigen Umlagerungen für künftige Auftragsabfertigungen ableitet.
Schnelle Nutzenanalyse durch Proof-of-Value
Um Interessenten für das Warehouse Healing nicht mit allzu abstrakten Konzepten anzustrengen, bietet S&P im Rahmen eines kleinen Vor-Projektes die Evaluierung des zu erwartenden Nutzens für ein konkretes Lager an. Mit dem Proof-of-Value wird die oftmals hohe Hürde im Vorfeld einer Projektfreigabe verringert.
Das Ziel eines Proof-of-Value-Projektes gipfelt in der Aussage: Die Anwendung des Warehouse Healings im Lagerbereich X kann die Auslagerwege im Mittel um Y % reduzieren.
Nach der Festlegung, auf welche Lagerbereiche das Healing angewendet werden soll, wird das Kommissioniermodell erstellt. Hierzu werden halb-automatisch Grundrissinformationen ausgewertet, ein Koordinatensystem aller Lagerfächer angefertigt und mit den Bestandsdaten aus dem WMS verknüpft. Des Weiteren fließen alle Eigenheiten des Kunden ein: Welche Hilfsmittel z. B. Kommissionierwagen werden eingesetzt? Auf welche Weise können die Fachböden im Lager abgelaufen werden? Was ist die Kommissionierstrategie, kommt Multi-Order-Picking zum Einsatz? Um nur einige Aspekte zu nennen.
Das WMS liefert zudem die umfangreiche Historie aller Bestandsbewegungen des zu analysierenden Lagers. Eine Warenkorbanalyse deckt langfristige und kurzfristige Muster im vergangenen Auftragsgeschehen auf und lässt diese in die kundenspezifische Score-Funktion einfließen.
Das Ergebnis einer solchen Nutzenanalyse mit Kundendaten aus der Praxis ist unter anderem in Abbildung 2 dargestellt. Zu sehen ist das L-förmige manuelle Kommissionierlager eines technischen Großhändlers in der Draufsicht. Abweichend zu Abbildung 1 ist nur die Darstellung der ersten Ebene nötig, da nur aus dieser Fachboden-Ebene gepickt wird. Die Einfärbung der Fachböden entspricht der Pickhäufigkeit der dort eingelagerten Artikel. Die chaotische Lagerhaltung kann an dem Mangel der Ordnung erkannt werden: Häufig gepickte Artikel und ihre dunkelroten Böden sind sowohl in der Nähe des Übergabeplatzes E/A zu erkennen als auch weit ab davon.
Das Gleiche gilt für die beispielhafte Auswahl eines Artikels und seines grün umrandeten Fachbodens sowie seiner affinen Warenkorb-Artikel - eingelagert in den grün schraffierten Fachböden. Das Picken dieses häufig vorkommenden Warenkorbes erfordert demnach das Abschreiten eines Großteils des Lagers und sorgt so zu einem erheblichen Beitrag im Auslageraufwand künftiger Bestellaufträge.
Die blauen und grünen Spuren zeigen die besten 300 Healing-Vorschläge, die das Warehouse Healing in einem ersten Durchlauf ermittelt hat und den Auslagerweg mit maximalem Nutzen reduziert. Der Kunde entscheidet selbst, ob und welche dieser Vorschläge zu welcher Zeit in das operative Tagesgeschäft eingestreut werden. In einer weiteren Darstellung werden wir sehen, dass von diesen 300 Vorschlägen die ersten 100 besonders lohnend sind und die übrigen unbeachtet bleiben können.
Um den maximalen Nutzen und damit die größtmögliche Reduzierung des Auslagerweges für jede einzelne Umlagerung herauszuholen, wird im Rahmen des Proof-of-Value eine Parameteranalyse durchgeführt. Hierbei werden die Freiheitsgrade in der Parametrisierung des zugrunde liegenden Modells genutzt, um die beste Anpassung des Warehouse Healing Moduls an das Lager zu erreichen. Das Ergebnis einer solchen Analyse mündet in Diagrammen, wie sie in Abbildung 3 links zu sehen sind.
Echte Kundendaten zeigen hier, wie eine bestimmte Modellparametrisierung die Kurve des Auslagerwegs in Bezug zu der Anzahl durchgeführter Healing-Umlagerungen am steilsten nach unten zeigen lässt.
Das Healing-Modul maximiert den Vorteil, wenn die Berücksichtigung der Bestellhäufigkeit und der warenkorbinduzierten Artikelaffinität im Verhältnis 1:3.4 steht. Bei dieser Konfiguration verspricht die Anwendung des Healing-Moduls die Reduktion des Auslagerweges nach der grünen Kurve in Abbildung 3 rechts. Das Diagramm enthält mit der roten Kurve ebenfalls die Antwort auf die Frage, welchen Vorteil das Einbeziehen der Warenkorbanalyse gegenüber einer einfachen umschlagsorientierten Umlagerung hat. Lernt das Modul aus den historischen Auftragseingängen, so kann bereits nach 38 Umlagerungen eine Laufwegsverkürzung von 15 % erreicht werden, wohingegen 90 Umlagerungen nötig sind, wenn die Warenkorb-Spezifikation in der Historie ignoriert werden.
Umgekehrt erreicht das Warehouse Healing nach nur 90 Umlagerungen eine Laufwegsreduktion von 20 %, welches bei dem bloßen umschlagorientierten Vorgehen niemals gelingt. Deutlich wird außerdem, dass ab 100 Umlagerungen eine Sättigung des Umlagerungsvorteils eintritt, wonach es genügt, maximal 100 Umlagerungen umzusetzen.
Unter Abwägung des Aufwandes und der für die Umlagerungen zur Verfügung stehenden Ressourcen schließt das Proof-of-Value mit dem Satz:
Die Anwendung des Warehouse Healings im Lagerbereich ML1 kann die Auslagerwege im Mittel um 20-25 % reduzieren.
Sie wollen Ihre Wegezeiten mithilfe von KI reduzieren und wünschen sich eine Evaluierung des zu erwartenden Nutzens Ihres Lagers? Kontaktieren Sie uns gerne!