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Dark Warehouse: Was steckt dahinter? (Teil 2)

Roboter im Rampenlicht, alles andere im Dunkeln.

Was ist ein Dark Warehouse?
Der Begriff klingt zunächst nach Science-Fiction oder nach Darth Vaders »House«. Doch »Dark« bedeutet in diesem Fall nicht dunkel, sondern, dass ein solches Lager tatsächlich ohne Beleuchtung auskommt und komplett im Dunkeln arbeitet. Menschen brauchen Licht, Maschinen nicht. Alle Prozesse laufen automatisch ab: von der Wareneingangskontrolle über die Einlagerung bis hin zum Versand. Nur bei Wartungen oder Störungen greifen Menschen ein.

Fahrerlose Transportsysteme (FTS) und autonome mobile Roboter (AMR) bewegen sich selbstständig durch die Hallen. Fördertechnik bzw. Förderanlagen verbinden Maschinen und Lagerbereiche für durchgehende Materialflüsse. Sie übernehmen beispielsweise Paletten von einer Maschine auf eine Förderstrecke und transportieren sie zu einer Übergabestelle. Die Systeme sind präzise aufeinander abgestimmt. Sie kommunizieren direkt mit anderen Anlagen. Aufgaben, die früher Menschen erledigten, übernehmen heute Kameras, Sensoren und Algorithmen.

Ursprung der Idee
In den 1960er-Jahren entstanden die ersten automatischen Hochregallager. In den 1970ern folgten einfache Lagerverwaltungssysteme. Doch ohne Sensorik und ausreichende Rechenleistung blieben Menschen weiterhin unentbehrlich. Ab den 1980er-Jahren kamen weitere automatische Lösungen hinzu. Mit Industrie 4.0, Big Data, Machine Learning und Robotik beschleunigte sich die Entwicklung. Heute betreiben Unternehmen bereits vollautomatisierte Lagerhallen, die fast ohne Licht und Personal auskommen. Sie kommen dem Dark-Warehouse-Prinzip schon sehr nahe. Was vor ein paar Jahren noch wie Zukunftsmusik klang, ist mittlerweile in Pilotprojekten und in manchen Branchen Realität.

Technologien im Dark Warehouse

Die Funktionsweise eines Dark Warehouses basiert auf einem Zusammenspiel verschiedener Schlüsseltechnologien. Voraussetzung dafür sind aber klare Prozessdefinitionen, saubere Abläufe, durchdachte Layouts und die richtige Software:

1. Robotertechnik
Fahrerlose Transportsysteme (FTS) und autonome mobile Roboter (AMR) fahren Paletten, Gitterboxen, Kisten und Kartons durch die Hallen.

  • FTS folgen festen Routen durch ein Lager oder eine Produktionshalle und orientieren sich an Schienen, Magnetstreifen oder Lasern.
  • AMRs navigieren flexibel mit digitalen Karten, Sensoren und Kameras. Sie erkennen Hindernisse und wählen eigenständig den besten Weg.

Typische Aufgaben von FTS:

  • Paletten vom Wareneingang ins Lager bringen.
  • Material zwischen Lager und Produktion/Montage transportieren.
  • Fertige Ware zum Versand fahren.

Stationäre Roboterarme übernehmen Aufgaben, die Präzision und Wiederholung verlangen. Sie entlasten Menschen bei schwerer körperlicher Arbeit. Beim Kommissionieren greifen sie Artikel zum Beispiel aus einem AutoStore Bin und platzieren sie in den richtigen Zielbehälter. Auch Sets/Kits können sie selbstständig zusammenstellen.

2. Automatisierte Fördertechnik
Automatisierte Fördertechnik umfasst alle Anlagen, die Kartons, Behälter, Kisten oder Paletten eigenständig von A nach B bringen. Sie sorgt für einen reibungslosen Materialfluss zwischen den Lagerbereichen und Maschinen in der Intralogistik. Dazu gehören Förderbänder wie Rollenbahnen, Gurt-, Ketten- oder Schneckenförderer. Verschiedene Sortieranlagen wie zum Beispiel der Crossbelt-Sorter (Quergutsortierlösung) ergänzen diese Systeme.

Auch Teleskopförderer kommen zum Einsatz. Sie bestehen aus verschiebbaren Elementen, die wie ein Teleskop aus- und eingefahren werden können, um unterschiedliche Längen zu überbrücken. Es ist ein Fördersystem, mit dem Güter flexibel in Fahrzeuge, Auflieger oder Container be- und entladen werden. Zur automatisierten Fördertechnik zählen außerdem Drehtische und Karussellsysteme.

3. Automated Storage and Retrieval Systems (AS/RS)
Automatisierte Systeme lagern Waren platzsparend und effizient ein. Dazu gehören Autostore, Verschieberegale, Shuttle-Systeme, Lagerlifte und Hochregallager.

  1. AutoStore: Roboter fahren auf einem Aluminium-Grid, graben die benötigten Bins gezielt aus und bringen sie zum Port.
  2. Verschieberegal: Die Regale stehen auf Schienen. Sie lassen sich seitlich verschieben, sodass jeweils nur ein Gang offen steht.
  3. Shuttle-System: Kleine Wagen bewegen sich in den Regalebenen. Sie transportieren Behälter zu einem Lift, der sie schnell zur Entnahmestelle bringt.
  4. Lagerlift: Diese Systeme ähneln einem überdimensionalen Apothekerschrank. Sie fahren Trays automatisch zur Entnahmeöffnung.
  5. Hochregallager mit Regalbediengeräten: Schmale Fahrzeuge fahren auf Schienen. Sie lagern Paletten über mehrere Stockwerke ein und aus.

4. Warehouse Management System (WMS)
Ein WMS ist das digitale Gehirn des Lagers. Es steuert und überwacht Prozesse vom Wareneingang über die Lagerplatzverwaltung bis hin zur Kommissionierung und dem Versand. Das WMS koordiniert die Roboter und Transportaufträge. Es hält die Bestände stets aktuell, nutzt die Lagerfläche optimal für die Einlagerung und sorgt für reibungslose Abläufe. Kurz gesagt: Das WMS macht das Dark Warehouse erst zu einem perfekt automatisiertem Lager, in dem alles effizient, präzise und zuverlässig zusammenspielt.

Hinweis: Neben dem WMS können auch noch ein WCS (Warehouse Control System) und ein WES (Warehouse Execution System) hilfreich sein.

5. Data Science und Künstliche Intelligenz (KI)
KI-Algorithmen analysieren Daten aus dem WMS, berechnen die optimalen Lagerplätze, prognostizieren Bedarfe, minimieren Leerfahrten und optimieren Fahrwege. Mehr zu »Warehouse Healing«-Strategie für ein intelligentes Lager: Wegezeitenreduktion durch Data Science und KI.«

6. Automatisierte Verpackungsanlagen
Nach der Kommissionierung durch einen Pickroboter übernehmen Maschinen den Verpackungsprozess. Dafür kommen Kartonaufrichter, Kartonverschließer (Klebeband oder ein Schmelzkleber) und Versandetikettendrucker zum Einsatz. Für zusätzliche Stabilität legen Umreifungsmaschinen Kunststoffbänder um die Kartons. Es gibt aber auch vollautomatisierte Volumenreduzier- und Verschließmaschinen, die sensorgesteuert arbeiten und jede Verpackung individuell an den tatsächlichen Inhalt anpassen.

Palettierer (Palettierroboter bei HAKRO) stapeln die Kartons präzise auf Paletten. Palettenwickler sichern diese anschließend mit Stretchfolie. Etikettiermaschinen bringen Barcodes, Adressen oder Logos auf und machen jede Sendung eindeutig erkennbar. Muss Ware von einer Palette entladen werden, übernimmt der Depalettierer diesen Schritt. Ausgestattet mit Kameras und Sensoren prüfen sie auch die Qualität. Sie erkennen beschädigte Waren oder falsche Etiketten und sortieren fehlerhafte Paletten aus. So entsteht ein durchgängig automatisierter Verpackungsprozess.

7. Sensorik und Internet of Things (IoT)
Sensoren sammeln im Lager kontinuierlich Daten. Sie erfassen Waren, Behälter, Maschinen, Fahrzeuge und jede Bewegung. Sensoren verhindern Kollisionen, kontrollieren Klimabedingungen sensibler Waren und erfassen Energieverbräuche. Über das Internet of Things (IoT) gelangen diese Informationen in Echtzeit zum WMS. Die gewonnenen Daten bilden die Grundlage für Analysen und Optimierungen. So bleiben Abläufe stabil und Ausfälle sinken. Sie prüfen außerdem den Zustand von Anlagen und melden rechtzeitig den Wartungsbedarf. Stichwort: Predictive Maintenance (Punkt 8). Kurz: Sensorik liefert Daten. IoT vernetzt sie.

8. Predictive Maintenance (vorausschauende Instandhaltung)
KI-Systeme und Sensoren erkennen frühzeitig, wann Maschinen oder Roboter gewartet werden müssen. Sensoren erfassen Daten wie Temperatur, Vibration oder Stromverbrauch. Algorithmen werten diese Daten aus und erkennen Muster, die auf Verschleiß hindeuten. Dann bestimmen sie den besten Zeitpunkt für die Wartung. Statt feste Intervalle einzuhalten oder auf einen Defekt zu warten, wird vorausschauend reagiert. Für die Intralogistik hat das klare Vorteile: Anlagen laufen zuverlässiger, Stillstände verkürzen sich und unnötige Wartungen entfallen. Das spart Kosten und schont Ressourcen. Fördertechnik, Regalbediengeräte und autonome Fahrzeuge arbeiten dadurch effizienter im Lageralltag.

»Ein Dark Warehouse ist nicht nur ein Lager ohne Licht, sondern besteht aus einer hochkomplexen, vernetzten und digitalen Intralogistik.«

Gründe für ein Dark Warehouse?

  1. E-Commerce-Boom: Millionen von Bestellungen müssen in Rekordzeit verarbeitet werden.
  2. Immer weniger Menschen entscheiden sich für Schichtarbeit oder monotone Tätigkeiten.
  3. Unternehmen suchen nach Wegen, Prozesse zu beschleunigen und Kosten zu senken.
  4. Die Technologien sind marktreif: Roboter, KI und Automatisierung arbeiten nicht nur technisch zuverlässig, sondern sind auch wirtschaftlich rentabel.

So verändert sich das Lager:

  • Von einem menschenzentrierten Arbeitsumfeld hin zu einem technisch getriebenen Netzwerk.
  • Von reaktiver Problemlösung im Alltag hin zu vorausschauender Steuerung durch Daten.
  • Von begrenzter Verfügbarkeit hin zu Dauerbetrieb ohne Unterbrechungen.

Hier geht's zu Teil 1: Dark Warehouse: Ist das die Zukunft des Lagers?

Hier zu Teil 3: Dark Warehouse: Das manuelle Lager – Status quo der Intralogistik.

Und hier zu Teil 4: Dark Warehouse vs. manuelles Lager: Der direkte Vergleich.

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Redaktion
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